Quelle: FTD, 14.09.07
Kaum war der Bericht des Medizinischen Dienstes (MDK) der Krankenkassen über den Zustand in deutschen Pflegheimen veröffentlicht, riefen Politiker nach einem Pflege-TÜV. Die Bundesregierung reagierte prompt: Ab kommendem Jahr soll sich jedermann über die Qualität von Pflegeheimen informieren können.
Die Forderung liegt nahe – unumstritten ist sie nicht. Bislang stellen die Kontrolleure des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bei einem unangemeldeten Besuch fast 400 Fragen und tragen ihre Ergebnisse in einem ausführlichen Prüfbericht zusammen. Bei Mängeln droht nach einer Frist die Kündigung des Versorgungsvertrags. Dieser Prüfbericht ist zurzeit noch geheim.
Jetzt sollen – so Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) – die MDK-Gutachten in eine für Laien verständliche Form gebracht und als Qualitätsberichte veröffentlicht werden. Schmidt hofft, Pflegeanbieter damit im Wettbewerb um neue Kunden stärker zu Qualität zwingen zu können.
Kranken- und Pflegekassen unterstützen dieses Vorhaben. „Wie für die Krankenhäuser brauchen wir auch für Pflegeheime verständliche Qualitätsberichte“, sagt Harald Kesselheim, Abteilungsleiter Pflege beim AOK Bundesverband. „Mehr Transparenz durch verständliche Prüfberichte begrüßen wir sehr“, sagt auch MDK-Geschäftsführer Peter Pick. Die Pflege habe nach wie vor in einigen Häusern „ein Qualitätsproblem“.
Heimbetreiber dagegen lehnen die Idee ab, ausgerechnet die Prüfdaten der Kranken- und Pflegekassen zur Grundlage für die öffentlichen Qualitätsberichte zu machen. „Die MDK-Berichte sind stark aufgebläht worden und beinhalten eine Fülle sehr technischer Informationen. Es dürfte schwer fallen, sie in eine allgemein verständliche Form zu bringen“, sagt Monika Sonnenberg, Leiterin Zentrales Qualitätsmanagement beim Pflegedienstleister Kursana, der zur Dussmann-Gruppe gehört. Den MDK-Berichten fehle der rote Faden. „Da wird die fehlende Beschriftung eines einzigen Medikamentes beanstandet und das führt dann zu einer schlechten Beurteilung.“
Wie bei der Hotel-Buchung
Herbert Mauel, Geschäftsführer beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), teilt diese Sicht: „Bei den MDK-Prüfberichten handelt es sich um eine Aufzählung einzelner Mängel – ein Gesamtbild der Einrichtung ergibt sich daraus nicht“, sagt er. Im Vordergrund müsse die Qualität der Pflege und die Zufriedenheit der Bewohner stehen.
Axel Hölzer, Vorstandschef der auf Senioren- und Reha-Einrichtungen spezialisierten Marseille- Kliniken, gibt sich kämpferisch: „Der MDK prüft nicht häufig genug. Wenn Sie heute ein Urlaubshotel buchen, dann wollen Sie doch auch nicht wissen, wie die Anlage vor drei Jahren ausgesehen hat.“ Hölzer will stattdesen seine Kunden selbst befragen.
„Der Pflege-TÜV sind wir“, entgegnet MDK-Chef Pick solchen Eigeninitiativen. „Die öffentlichkeitswirksame Darstellung von Pflegequalität ist eine Aufgabe, die sehr gut vom MDK übernommen werden kann.“ Eine „Abstimmung im Konsens“ mit Heimträgern und deren Verbänden über einzelne Prüfkriterien lehnt Pick ab. „Die Stiftung Warentest fragt bei der Beurteilung eines Waschmittels ja auch nicht vorher beim Hersteller nach, welche Prüfkriterien er für geeignet hält und welche nicht.“